Aurelheim
Flurnachbarn
Das Dorf Aurelheim (umgangssprachlich Ollerhas, rumänisch Răuţi, ungarisch Aurélháza, auch Holler) liegt feldein ca. 10 km südwestlich von Zillasch direkt am rechten Ufer des Bega Kanals, welcher ca. 1 km vom Ortsmittelpunkt (Kirche) entfernt ist.
Beide Orte, Ollerhas und Zillasch sind Siedlungen auf dem ehemaligen Praedium Sylhasch (Weideland Silas). Der Ort wurde 1843 durch den Fiskus gegründet, nachdem in 1841/1842 sich 40 ungarische Familien aus dem nahen Ort Ungarisch-Sanktmartin (ungarisch: Magyarszentmárton, rumänisch: Sânmartinu Maghiar) hier niederließen. Das Land gehörte dem Grafen Aurél Dessewffy von Csernek und Tarkeő, einem ungarischen Gutsherrn, Journalisten und Politiker, der es seinerseits an Aurel Bogta weiterverpachtet hatte. Der Vornahme Aurel stand Pate für den Ortsnamen Aurélháza, deutsch Aurelheim.
Zum Dorf gehörten später noch die Scharff und Neu-Silasi Puszta.
Zur Zeit der Ortsgründung bestand bereits in der Nachbarschaft Rauthendorf (später Deutsch Szent Mihaly - Németszentmihály - Deutschsanktmichael - Sânmihaiu German), welches 1808 durch den Rittmeister Johannes Nepomuk Graf von Rauth auf von ihm u. a. gepachteten Landanteilen des Praedium Sylhasch gegründet wurde. Der Ort Silas, der in früherer Kartographie nord-nordöstlich in der Nähe oder an der Alten Bega verzeichnet wird, war zur Zeit der Gründung von Zillasch verschwunden.
Rauth pachtete 1801 umfangreiche Ländereien, auf welchen er die Ansiedlungen Rauthendorf und bereits 1806 Ungarisch-Sanktmartin (rum.: Sânmartinu Maghiar, ung.: Magyarszentmárton) gründete, mit dem Ziel, dass seine Pächter Tabak anbauen. Da er mit der Zahlung des Pachtzinses im Rückstand war und die Bedingungen des Pachtvertrags generell nicht einhielt, wurden ihm die Ländereien entzogen. Infolgedessen fielen Zillasch und Ungarisch-Sanktmartin in die Zuständigkeit der Wiener Hofkammer.
Graf Ambrózy, der Verantwortliche für Kammerialgüter im Komitat Temesch hatte mehrere Interessenskonflikte zu lösen. Zum einen befanden sich die Ländereien inzwischen in unterschiedlichen Komitaten (Temesch und Torontal) mit Faktenlagen, welche nicht auf Dekreten der Hofkammer beruhten. Im Laufe der Zeit hat der Weizenanbau offenbar größere Erträge gebracht und wurde von den Siedlern als existenziell vorteilhafter empfunden als die Plackerei mit dem ertragsschwachen Tabakanbau. Zwischenzeitlich schien auch der Enthusiasmus für diese Kulturpflanze in der Oberschicht gänzlich verschwunden zu sein.
Neben Zillasch und Ungarisch-Sanktmartin galt es noch die Pachtverhältnisse für eine dritte, 1838 entstandene Siedlung auf diesen Ländereien zu regeln: Ürmenhausen (ungarisch: Ürményháza, serbisch: Jermenovci), ein Dorf in der Gemeinde Zichydorf, nordwestlich von Werschetz.
Ambrózy schaffte es, dass mit den neuen, nach 1842 geltenden Pachtverträgen schließlich alle Spuren verschwanden, dass die Siedler einmal Tabakanbauer waren. Ambrózy, der die Deutschen im Banat begünstigte, schreibt (Quelle: Károly Dáczer) : "...aber ich werde niemals wünschen, dass die Deutschen von Németszentmihaly der Notwendigkeiten ihrer Existenz beraubt werden und dadurch dem deutschen Element schaden, dem das Banat seinen gegenwärtigen Wohlstand verdankt." Zu ihrer Sonderbehandlung bemerkt er: "Die Deutschen von Németszentmihály wollten im Vertrauen auf den großen Schutz, den sie genossen, in der Wildnis von Silas festen Fuß fassen." Nicht zuletzt wies er sogar die "Illerets und Vlahs", d.h. Serben und Rumänen ab, die sich auf den Ländereien von Silas niederlassen wollten. Dies schaffte den Freiraum für die Ansiedlung von Ungarn und die Gründung von Ollerhas.
Der rumänische Ortsname Răuţi scheint auf sich mir nicht erschließenden Grundlagen in Anlehnung an den Zillascher Ortsgründer von Rauth kreiert worden zu sein. Einige Quellen (u. a. Wikipedia und Enciclopedia Romaniei) gehen auf ungenau-unwissende Art sogar so weit und weisen Aurelheim meines Erachtens fälschlich den Ortsnamen Rautendorf zu.
Die ungarische Bevölkerung des Dorfes war sehr national patriotisch: fast alle Männer wurden zur Zeit des Feldzuges der Ungarn gegen die Österreicher und Russen in 1848 als Soldaten rekrutiert, viele von ihnen kamen nicht mehr zurück. Außerdem litt das Dorf sehr unter den Überfällen und Repressalien der Temeswarer Garde, was zeitweilig zur Evakuierung der gesamten Bevölkerung führte.
Die ersten 10 deutschen Familien siedelten in 1858 an. Die katholische Kirche wurde 1876 gebaut und ist heute noch sehr gut erhalten. Die mehrheitlich katholische Bevölkerung wurde von den Nachbargemeinden betreut.
Die Jahre 1859, 1861, 1885 und 1889 waren durch schwere Überschwemmungen gekennzeichnet, gute Schutzanlagen haben jedoch das Dorf vor der Verwüstung bewahrt. 1873 grassierte die Cholera.
Blühende Geschäftstätigkeit des Dorfes in einem friedlichen sozial-kulturellen und diversen Umfeld geht einher mit wachsender Bevölkerung – die letzten Dekaden des letzten Jahrhunderts sind jedoch bis heute geprägt von der Aussiedlung der Deutschen und dem Wegzug von Ungarn:
Jahr
| Bevölkerung
| Rumänen
| Ungarn
| Deutsche
| Andere |
1880 | 1026 | | 554 | 467 | 5 |
1900 | 1087 | 25 | 544 | 491 | 27 |
1930 | 1054 | 14 | 645 | 390 | 5 |
1941 | 989 | 6 | 642 | 340 | 1 |
1977 | 681 | 197 | 413 | 68 | 3 |
1992 | 520 | 283 | 224 | 13 | |
2002
| 565 | 358 | 189 | 10 | 8 |
Von der Tüchtigkeit der Ollerhaser hat auch Zillasch profitiert: am 15. November 1902 berichtet der Ungarische Ministerpräsident Kálmán Széll von Duka und Szentgyörgyvölgy dem Parlament in Budapest wie folgt (eigene Übersetzung):
„Die Existenz des Dorfes Németszentmihály im Komitat Temesch beschränkte sich auf 1.354 Hektar stehendes Wasserland.
Im allgemeinen Interesse der Volkswirtschaft war es notwendig, diesem Dorf, das über unzureichendes Land und darüber hinaus über Land mit ungewissem Ertrag verfügte, Land von ausreichender Größe aus dem umliegenden Staatsbesitz, das nicht dem Wasser ausgesetzt war, zu angemessenen Ablösungsbedingungen zu verkaufen.
Die 692 Hektar, 196 □-Meter, der so genannten Szilasi-Wildnis, die zur Grenze der Gemeinde Aurélháza im Komitat Torontal gehören, und die 340 Hektar Land der Fischereifarm der Gemeinde Románszentmihály im Komitat Temesch wurden als die für diesen Zweck am besten geeigneten Gebiete angesehen, und das Finanzministerium hat diese Gebiete der Gemeinde Németszentmihály zugewiesen, und seit dem 1. Oktober 1884 ist die Gemeinde tatsächlich im Besitz dieser beiden Gebiete“.
Gleichzeitig hat er die verwaltungstechnische Landübertragung aus dem Komitat Torontal ins Komitat Temesch angeordnet und gesetzlich verankert. Dieser für Zillasch sehr hilfreiche Akt konnte aber leider nicht mehr die Auswanderung von Bewohnern nach Amerika verhindern.
Was zwischen Ollerhas und Zillasch bis heute geblieben ist, sind nachbarschaftliche und Familienbande, die weiterbestehen oder sich durch die neuen Medien wiederfinden.
Quellen
Heimatortsgemeinschaft Uiwar/Aurelheim (banater-schwaben.org)
Borovszky - Komitate und Städte in Ungarn (oszk.hu)
Răuţi (enciclopediaromaniei.ro)
Budapest 1901-1906 Papiere des Oberhauses, 1901. Bd IV Nr. 167-242.Papiere Nr. 1901-238- (library.hungaricana.hu)
Károly Dáczer: Die Gründung der Kammertabakgärtnereien in der südlichen Tiefebene 1843-1844 - Jahrhunderte der südlichen Tiefebene 10 (library.hungaricana.hu)
E. Varga - Statistik der Einwohnerzahlen nach Ethnie im Kreis Timis laut Volkszählungen von 1880-2002 (kia.hu)
Foto: Röm.-Kath. Kirche Aurelheim - Michael Kuhn (FB)